Bad Homburg v. d. Höhe. Manchmal fehlen die Worte – und doch bleibt das Bedürfnis, sie auszusprechen. Mit dem neuen Windtelefon auf dem Waldfriedhof in Bad Homburg entsteht ein besonderer Ort der Erinnerung und des Trostes. Ein Ort, an dem Gedanken, unausgesprochene Sätze und leise Botschaften ihren Weg in den Wind finden dürfen – dorthin, wo Nähe über den Abschied hinaus spürbar bleibt.
Zu verdanken hat die Friedhofsverwaltung Bad Homburg diesen neuen Ort des Trauerns den Familien Fischer und Velte. Die Ober-Eschbacher hatten am ersten Adventssamstag traditionell zu einem Event in ihre 1854 erbaute historische Dorfschmiede in der Jahnstraße geladen. Die Besucherinnen und Besucher konnten sich an diesem Tag ein lebhaftes Bild von der alten Schmiedekunst mit Hammer und Amboss machen. Ebenfalls traditionell werden alle Einnahmen und Spenden der Veranstaltung einem guten Zweck zugeführt – in diesem Jahr dem Windtelefon.
Und um dieses Projekt umzusetzen, legten sich die Initiatoren mächtig ins Zeug. Eine Telefonzelle wurde gesucht und gefunden – in Bremen, von wo diese erstmal in den Taunus verbracht werden musste. Auf dem Friedhof wurde dann ein Fundament gelegt, ein kleiner Weg gepflastert und die Telefonzelle in direkter Nachbarschaft zur Trauerhalle aufgestellt. Im Innen der Zelle wurde ein altes Telefon mit Wählscheibe und ein Trauerbuch installiert.
„Wir sind durch einen Pressebericht auf das Windtelefon aufmerksam geworden und haben uns gedacht: Das wäre doch eine schöne Bereicherung für Bad Homburg“, erklärt Anja Fischer die Motivation der Spender. Und dann gab es noch einen kleinen Dank an die Stadtverwaltung und den Betriebshof: „Die Genehmigung für unser Projekt ging wirklich super-schnell.“
Bei der Stadt und der Friedhofsverwaltung rannte sie damit offene Türen ein. „Mit dem Windtelefon entsteht ein einzigartiger Raum der Erinnerung und des Trostes. Wir danken den Spendern, die diesen besonderen Ort ermöglicht haben – für die Möglichkeit, inmitten der Stille des Waldes mit den Verstorbenen zu sprechen und uns über den Wind zu verbinden“, sagt Stadtrat Tobias Ottaviani.
In der Nähe des Haupteingangs des Waldfriedhofs steht nun also eine ehemalige Telefonzelle, in der die Menschen einen geschützten Raum erhalten, an dem ihre Trauer und Erinnerungen einen Platz finden können. Ein Windtelefon hat kein Kabel und es klingelt auch nie, sondern es steht symbolisch für einen leeren Platz im Herzen von Menschen, die einen ihrer Liebsten verloren haben. Man betritt die Telefonzelle, schließt für einen Moment die Augen, hört den Wind und fängt an zu sprechen über all das, was einem durch den Kopf geht.
Windtelefone sollen die Möglichkeit bieten, die eigene Trauer zu teilen und mit dem Verstorbenen in Verbindung zu bleiben. Der Wind soll die Worte tragen. „Das Windtelefon ist mehr als nur eine Installation – es ist ein Symbol für die unermüdliche Verbindung zwischen den Welten. In einem Moment der Trauer kann ein einfaches Wort die Seele beruhigen“, fasst der Direktor des Betriebshof, Stephan Rosik, zusammen.
Erdacht wurde das Windtelefon übrigens vom japanischen Gartengestalter und Künstler Itaru Sasaki, der 2010 eine altmodische Telefonzelle in seinem Garten aufstellte, um so den Tod seines Cousins zu verarbeiten.
Der Waldfriedhof
Der Waldfriedhof ist der größte der insgesamt sechs kommunalen Friedhöfen in Bad Homburg. Man findet hier klassische Gräber wie Erdreihengrab, Erdfamiliengrab, Urnenreihengrab oder Urnenfamiliengrab, aber auch pflegefreie Grabstätten wie Erdreihenwiesengrabstätte, anonyme Urnengrabstätte, Wasserurne, Urnenstele oder die Möglichkeit zur Baumbestattung im „Wald des Lichts“.
Ebenfalls Bestandteil dieses wunderschön im Stadtwald gelegenen Friedhofs ist das Ehrenfeld, auf dem Gefallene des Ersten und Zweiten Weltkriegs bestattet sind. Bei der Einrichtung des Friedhofs 1920 nannte man dieses heutige Ehrenfeld noch „Heldenhain“. An seinem Kopfende befindet sich eine kleine, schmucklose Kapelle. Außerdem ist das Ehrenfeld von einer Mauer eingefasst.
Weiter Bemerkenswertes an diesem Friedhof ist, dass die Einsegnungshalle über eine bereits 1517 in Bingen gegossene Glocke verfügt, die aus einer alten Schule stammt. Insgesamt finden jedes Jahr um die 500 Beisetzungen auf dem Waldfriedhof statt.